Kolibris und Eulen auf dem Balkon

19.06.2020, SWILD
Ende Juni werden in Mitteleuropa wieder vermehrt Kolibri-ähnliche Tiere im Garten und auf Balkonen gesichtet. Bei diesen Tieren handelt es sich jedoch nicht um die Vögel der neuen Welt, sondern um Insekten. Sie gehören zu den Wanderfaltern. In der Schweiz sorgen zwei Arten mit ihrem Schwirrflug gelegentlich für Verwirrung.
Kolibris in der Schweiz?

Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) sehen Kolibris auf den ersten Blick tatsächlich zum Verwechseln ähnlich. Sie gehören jedoch zur Familie der Schwärmer. Ihre Flügelspannweite beträgt bis zu fünf und ihre Körperlänge bis zu vier Zentimeter. Im Gegensatz zu den meisten Schwärmerarten ist das Taubenschwänzchen tagaktiv. Zur Verwechslung zwischen ihm und Kolibris kommt es hauptsächlich aufgrund des ähnlichen Flugverhaltens.

Flugverhalten

Als Schwärmer zeichnen sich Taubenschwänzchen durch schnelles und wendiges Fliegen aus. Beim Nektarsaugen stehen sie im Schwirrflug still vor der Blüte. Dank ihrer Fähigkeit rückwärts fliegen zu können und ihrer guten Sicht, können sie ihre Position vor der Blüte immer beibehalten. Dabei schlagen Taubenschwänzchen mit etwa 70 bis 90 Flügelschlägen pro Sekunde. Mit etwa 40 bis 50 Mal pro Sekunde schlägt ein Kolibri etwas weniger häufig mit seinen Flügeln [1].

Beobachtungszeit in der Schweiz

Taubenschwänzchen zählen zu den Wanderfalter und können bis zu 3'000 Kilometer innerhalb von nur 14 Tagen zurücklegen. Mit ihren langen Wanderungen erschliessen sie sich neue Areale. Ab Ende Juni bis Mitte Juli können die vom Süden her zugewanderten Falter in der Schweiz beobachtet werden. Die Nachkommen dieser Tiere tauchen dann ab Mitte August auf. In der Zeit zwischen Mitte Juli und Mitte August werden weniger häufig Taubenschwänzchen entdeckt [2].

Ein Taubenschwänzchen im Anflug zur Blüte
Verwechslungsgefahr: Gamma-Eule

Eine Falterart, welche vor allem im Verhalten dem Taubenschwänzchen ähnelt, ist die Gamma-Eule (Autographa gamma). Die Gamma-Eule ist ebenfalls ein tagaktiver Wanderfalter, gehört jedoch zur Familie der Eulenfalter. Wie das Taubenschwänzchen steht auch die Gamma-Eule beim Nektarsaugen im Schwirrflug vor der Blüte. Im Gegensatz zum Taubenschwänzchen hält sie sich jedoch mit den Vorderfüssen an der Blüte fest. Die Gamma-Eule ist im Körperbau kleiner und weniger massig als das Taubenschwänzchen und ist an einer silbernen Gamma-/Y-förmiger Zeichnung auf den Flügeln eindeutig identifizierbar [3].

Eine Gamma-Eule am Nektarsaugen.
Eine Gamma-Eule beim Nektarsaugen.
Tipps zur Beobachtung

Um ein Taubenschwänzchen zu beobachten, geht man am besten morgens oder abends in der Zeit von Ende Juni bis Mitte Juli oder von Mitte August bis Anfang September auf Entdeckungstour. Blüten, die diese Schwärmer-Art besonders mag, sind unter anderem Geranien, Lichtnelken, Petunien, und Storchenschnabel. Bei diesen Blumen ist die Wahrscheinlichkeit, das schwirrende Insekt zu entdecken, besonderes hoch. Die Gamma-Eule kann bei uns bereits ab Mitte Mai den ganzen Sommer hindurch bis Oktober beobachtet werden. Die Gamma-Eule ist ein Generalist und fliegt die Blüten diverser Pflanzen an.

Verwendete Literatur

[1] NABU – Naturschutzbund Deutschland, 2014: Der Kolibri, der ein Schmetterling ist

[2] Seggewiße E., Wymann H.  2015: Schmetterlinge entdecken, beobachten, bestimmen: Die 160 häufigsten tagaktiven Arten Mitteleuropas. Haupt, Bern.

[3] NABU – Naturschutzbund Deutschland, 2014: Im Schwirrflug von Blüte zu Blüte